20. Oktober 2019

Auch das subjektive Sicherheitsgefühl hat objektive Ursachen

Bundesvorsitzender der DPolG Bundespolizei-gewerkschaft Ernst G. Walter kommentierte die Antwort des Bundesinnenministeriums auf eine Kleine Anfrage der Grünen zur Besetzung von Revieren der Bundespolizei gegenüber Medienvertretern:

Jahrelang haben die Verantwortlichen die viel zu knappe Personaldecke der Bundespolizei an den Bahnhöfen klein geredet. Die jetzt vom BMI erstmals öffentlich zugegebene Tatsache, dass z.B. in NRW mehr als die Hälfte aller Reviere nur noch sporadisch besetzt ist, zeigt, dass wir mit unseren Warnungen vor einem Rückzug der Bundespolizei aus der Fläche leider Recht behalten haben.

Die Folgen sind für die Bürger unmittelbar spürbar. Das immer mehr sinkende subjektive Sicherheitsgefühl der Bürger wird oft versucht klein zu reden, indem man auf die sich positiv entwickelnde Kriminalstatistik verweist. Aber das ist falsch, denn auch das subjektive Sicherheitsgefühl der Bürger hat ganz konkrete objektive Ursachen! Insbesondere auf mittleren und kleineren Bahnhöfe fehlt inzwischen nahezu jegliche Polizeipräsenz. Viele Menschen trauen sich nach Einbruch der Dunkelheit deshalb nicht mehr dorthin. Die Freiheit der Bürger, sich überall frei bewegen zu können, wird dadurch in erheblichem Maße eingeschränkt.

Da zudem die Deutsche Bahn immer noch keine Anstalten macht, ihrer Aufsichts- und Sicherungspflicht auch an solchen Orten nachzukommen, entstehen besonders in der nun beginnenden dunklen Jahreszeit für Bahnreisende immer mehr Angsträume, was neben dem Sicherheitsverlust für die Bürger auch in der aktuellen Klimadebatte ein fatales Signal ist. Neben der Bundespolizei ist deshalb vor allem die DB-AG gefordert, ihr Sicherheits-, Aufsichts- und Servicepersonal aufzustocken und nicht nur auf den großen Bahnhöfen, sondern auch in der Fläche einzusetzen.

Bundesinnenminister Horst Seehofer ist mit der geplanten Personalverstärkung der Bundespolizei von mehr als 10.000 zusätzlichen Polizeivollzugsbeamten in den kommenden Jahren grundsätzlich auf dem richtigen Weg. Da Polizisten aber nicht auf Bäumen wachsen und zunächst drei Jahre ausgebildet werden müssen, dauert es noch lange, bis das Personal da ankommt, wo es tatsächlich gebraucht wird. Deshalb muss der Minister nun die richtigen Prioritäten setzen und alles dafür tun, dass die Bundespolizei mit dem vorhandenen Personal zunächst einmal ihre gesetzlich zugewiesenen Aufgaben an den Grenzen, auf den Flughäfen und in den Bahnhöfen erfüllen kann, bevor man ihr neue Aufgaben im In- und Ausland zuweist und sie darüber hinaus in moralisch äußerst fragwürdige Einsätze nach Saudi-Arabien oder in Einsätze mit unkalkulierbarem Risiko z.B. nach Afghanistan schickt.

Auch eine aktuell vom Bundesinnenminister angedachte Unterstützung der Länder beim Schutz von jüdischen Einrichtungen kann die Bundespolizei definitiv nicht leisten, ohne ihre originären Aufgaben weiter sträflich zu vernachlässigen. In Berlin wird der Schutz von gefährdeten Objekten und Einrichtung bereits seit vielen Jahren erfolgreich durch speziell dafür geschulte Polizeiangestellte sichergestellt. Diesem Beispiel sollten andere Länder jetzt dringend folgen, denn neue Polizeiangestellte wären wegen ihrer verkürzten Ausbildung viel schneller verfügbar und einsetzbar. Die aktuell immer noch viel zu wenigen Bundespolizisten stehen für solche zusätzlichen Aufgaben derzeit jedenfalls nicht zur Verfügung.