17. Dezember 2017

Tarifbeschäftigte Zeitzuschläge für ungeplante Überstunden bei Beschäftigung im Wechselschicht- oder Schichtdienst – Urteil des Bundesarbeitsgerichtes

Liebe Kolleginnen und Kollegen,
das Bundesarbeitsgericht hat mit einem Urteil vom 23. März 2017 (6 AZR 161/16) die Voraussetzungen für das Entstehen von Zeitzuschlägen für Überstunden im Geltungsbereich des TVöD - im Wechselschicht- und Schichtdienst beurteilt. Das Urteil selber findet auf Vollzeit- und Teilzeitbeschäftigte Anwendung. Das BMI hat mit Rundschreiben vom 10.11.2017, Az.: D%-31001/15#6 nochmals die Auslegung des Urteils erläutert.

Nach dem Urteil haben Vollzeit- und Teilzeitbeschäftigte einen Anspruch auf Zeitzuschläge für ungeplante Überstunden (§ 8 Abs. 1 Buchstabe a), wenn sich ihre tägliche Arbeitszeit verlängert oder diese zusätzlichen Arbeitstage (mehr als im Rahmenplan oder monatlichen Dienstplan geplant) arbeiten gehen sollen.

Dieser Anspruch entstand bei Teilbeschäftigten bisher erst, wenn die Teilzeitbeschäftigten so viele Überstunden geleistet haben, dass sie über die wöchentliche Arbeitszeit einer Vollzeitbeschäftigung (39 Stunden) gekommen sind.

Jetzt entstehen die Ansprüche sofort, wenn sich die tägliche Arbeitszeit verlängert oder zusätzliche Tage gearbeitet wurden. Bitte beachten, es geht hierbei nicht um eine Überstundenvergütung, sondern um die Zeitzuschläge für geleistete ungeplante Überstunden! Mögliche Ansprüche können rückwirkend für 6 Monate schriftlich geltend gemacht werden.
1. Zeitzuschläge für Überstunden weil sich die tägliche Arbeitszeit verlängert hat.
Die Vollzeit- oder Teilzeitbeschäftigten sind laut Dienstplan an einem Arbeitstag von 06:00 Uhr bis 14:30 Uhr zur Arbeit eingeteilt und sollen bis 16:00 Uhr arbeiten. Für die Zeit von 14:30 Uhr bis 16:00 Uhr, also 1,5 Stunden stehen den betroffenen Tarifbeschäftigten Zeitzuschläge für Überstunden zu. Die Zeitzuschläge müssen gezahlt werden, unabhängig davon ob ein Freizeitausgleich gewährt wird.
2. Zeitzuschläge für Überstunden, weil zusätzliche Tage gearbeitet wurde.

Die Vollzeit- oder Teilzeitbeschäftigten sind laut Dienstplan Mo bis Mi zur Arbeit geplant und haben laut der Planung Do und Fr dienstfrei. Die betroffenen Tarifbeschäftigten sollen an dem Do zusätzlich zur Arbeit kommen. Für die gesamte geleistete Arbeitszeit an dem Do stehen den betroffenen Tarifbeschäftigten die Zeitzuschläge für geleistete Überstunden zu. Die Zeitzuschläge müssen gezahlt werden, unabhängig davon ob ein Freizeitausgleich gewährt wird und die Tarifbeschäftigten an einem anderen Tag dafür Dienstfrei erhalten.
3. Höhe des Zeitzuschlages für Überstunden
Der Überstundenzeitzuschlag wird im Forderungsnachweis für Tarifbeschäftigte unter der Ziffer 5850 geltend gemacht. Der Zeitzuschlag für Überstunden beträgt in den Entgeltgruppen 1-9; 30v.H. und in den Entgeltgruppen 10-15; 15 v.H.
4. Überstundenvergütung
Eine Überstundenvergütung von zusätzlichen 100 v.H. für die oben genannten Überstunden kommt erst in Frage, wenn diese Überstunden nicht bis zum Ende der folgenden Kalenderwoche ausgeglichen wurden.
5. Überstunden in Rahmenplänen (geplante Überstunden)
Bei Überstunden die in Rahmendienstplänen enthaltenen sind handelt es sich um geplante Überstunden. Dies gilt auch, wenn durch die Schichtfolge des Rahmenplanes im monatlichen Dienstplan Überstunden entstehen. Für diese geplanten Überstunden entsteht kaum ein Anspruch auf Zeitzuschläge oder Überstundenvergütung, da nach § 6 Abs. 2 Satz 2 TVöD für die Berechnung der durchschnittlich wöchentlichen Arbeitszeit ein Zeitraum von mindestens einem Jahr zur Verfügung steht, der bei Schicht- und Wechselschichtarbeit noch verlängert werden kann.
6. Verwaltung von Plus- oder Minusstunden bei Schicht- und Wechselschichtarbeit
Die Planung und der Nachweis von Arbeitstagen und Arbeitsstunden erfolgt im Regelfall über ePlan. Bei dem „Arbeitszeitkonto“ in ePlan handelt es sich nicht um ein Arbeitszeitkonto nach § 10 TVöD. In vielen Dienstvereinbarungen zu Arbeitszeiten ist geregelt, dass die Tarifbeschäftigten bei -20 Stunden bis +40 Stunden (Grünphase), unter Beachtung der dienstlichen Belange, selber darüber entscheiden, wie die Stunden ausgeglichen werden.

Bei -21 Stunden bis -40 Stunden und +40 Stunden bis +80 Stunden (Gelbphase) planen die verantwortlichen Vorgesetzten gemeinsam mit den Tarifbeschäftigten die weitere Dienstplanung, damit diese zeitnah wieder in die Grünphase zurück kehren. Bei mehr als minus 40 Stunden und plus 80 Stunden (Rotphase) auf dem Arbeitszeitkonto dürfen die verantwortlichen Vorgesetzten Maßnahmen ergreifen, damit die betroffenen
Tarifbeschäftigten unverzüglich zumindest wieder die Gelbphase erreichen.
7. Anspruch auf Überstunden im Schicht- und Wechselschichtdienst
Tarifbeschäftigte haben keinen Anspruch auf Überstunden. Bei dienstlicher Notwendigkeit sind diese zur Leistung von Überstunden verpflichtet. Teilzeitbeschäftigte müssen nur Überstunden und Mehrarbeit leisten, wenn dies arbeitsvertraglich vereinbart wurde oder diese zugestimmt haben.
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Mit kollegialen GrüßenPeter PoyselDPolG BundespolizeigewerkschaftBundestarifbeauftragter