Digitales Visum – sicher oder nicht?
Europäisches Parlament und Rat haben sich geeinigt, den nächsten Schritt in Richtung digitaler Visa zu machen. Dies soll über eine einheitliche Antragsplattform, Online-Anträge, sichere persönliche Accounts und eine unterstützende Chatbot-Funktion gewährleistet werden. Das bisherige Visum, das viele von uns als Klebemarke kennen, wird durch einen Barcode ersetzt, auch für den längerfristigen Aufenthalt.
Europäisches Parlament und Rat haben sich geeinigt, den nächsten Schritt in Richtung digitaler Visa zu machen. Dies soll über eine einheitliche Antragsplattform, Online-Anträge, sichere persönliche Accounts und eine unterstützende Chatbot-Funktion gewährleistet werden. Das bisherige Visum, das viele von uns als Klebemarke kennen, wird durch einen Barcode ersetzt, auch für den längerfristigen Aufenthalt.
Das ist fraglos für Reisende aus 102 visumspflichtigen Staaten eine erhebliche Erleichterung, aber ist das auch sicher genug? Selbstverständlich sind die allermeisten Antragsteller völlig unbescholtene Reisende. Aber esgibt eben auch in diesem Bereich Kriminalität, schon jetzt nimmt der Dokumentenmissbrauch einen großen Teil der Urkundenkriminalität ein. Die aktuellen Visumetiketten können mit entsprechendem Aufwand ge- oder verfälscht, missbraucht oder gestohlen werden. Ein neues Verfahren darf aber nicht anfälliger werden als das alte, nur weil es z.B. in Bezug auf die Zuwanderung von Arbeitskräften wichtig ist, mit Neuseeland oder Australien gleichzuziehen!
Wie soll das ausgeschlossen oder zumindest nicht schlimmer werden? Ylva Johansson, Kommissarin fürInneres in der Europäischen Kommission, bemerkt dazu am 13.06.2023 im Internet: „Sicherheit und Effizienz muss in unserem Visumsystem Priorität haben. Mit der Einführung einer digitalen Visummarke und einer Online-Antragsplattform können wir beides garantieren.“
Naja, das allein wird’s wohl noch nicht richten. Aber das heißt nicht, dass man es nicht hinbekommen kann! Der vorliegende Verordnungsvorschlag ist nicht schlecht, aber es gibt aus unserer Sicht noch ein paar Kanten, die jeoch recht einfach geglättet werden können.
Für uns sind für die Verhinderung von Ausweis- und Visumsmissbrauch folgende Voraussetzungen unverzichtbar:
1. Das Visum muss neben den sonstigen Unterlagen (Belege, Reisekrankenversicherung, …) mit einem biometrischen Pass beantragt werden, dessen Datenseite vorab auf die Antragsplattform hochzuladen ist. Ggf. ist zusätzlich ein RFID-Scan durchzuführen, eine entsprechende EU-Softwarelösung könnte diese und weitere Schritte beinhalten.
Bei Antragstellung mit herkömmlichem Pass muss weiterhin die Vorstellung beim Konsulat erfolgen.
Die Übergabe von Identifizierungsaufgaben an „Dienstleister“, wie sie auch in der aktuellen Änderung nationaler Passvorschriften vorgesehen ist, ist aus unserer Sicht in Drittstaaten abzulehnen.
2. In einem (unterbrechungsfreien!) digitalen Videoverfahren werden die biometrischen Daten des hochgeladenen Passes mit dem Antragsteller online abgeglichen. Hierbei ist das Dokument ebenfalls nochmals vorzuzeigen, um den tatsächlichen Besitz nachzuweisen und so einen möglichen Ausweismissbrauch möglichst einzudämmen.
Auf diese Weise könnte sogar bei Erstantragstellern die Vorstellung beim Konsulat zum Teil entfallen. Für Kinder wären allerdings gesonderte Bestimmungen zu erlassen. Die so erhobenen Daten können anschließend bei der Einreise in den Schengenraum im Exit-Entry-System abgeglichen werden.
So könnte es auch ohne Verzicht auf Sicherheit gehen. Alles keine Raketentechnik.
(VH)