06. Oktober 2023

Das Palantir-Problem

Stecker raus, dunkel. Nancy Faeser hat vor ein paar Tagen erklärt, dass die Software VeRA der Firma Palantir Technologies bei den deutschen Bundesbehörden nicht zum Einsatz kommen wird und damit die Bildschirme der Ermittler praktisch ausgemacht.

Jetzt kann man sich natürlich fragen, warum dies satte sieben Monate NACH dem abschlägigen Urteil des BVerfG zur beabsichtigten Einführung dieser Software in Hessen (nur unter anderem Namen) geschah. Oder warum das Ganze nur wenige Tage VOR der Wahl in Hessen verkündet werden musste, wo Frau Faeser bekanntlich Ministerpräsidentin werden möchte. Bringt uns in der Sache allerdings nicht weiter.

Wie alle anderen Polizeien hat auch die Bundespolizei ein ganz erhebliches Problem mit den exponentiell wachsenden Datenmengen in Beweismitteln. Zwar sind gottlob die Zeiten analoger Festnetztelefonie und Briefverkehr lange vorbei – die Ausgestaltung der polizeilichen Befugnisse und Ausstattung hält allerdings bei weitem nicht mit der technischen Entwicklung Schritt. Und all den Kritikern an der Software – über deren Maßlosigkeit bei der Quellenerschließung man tatsächlich diskutieren kann – sei entgegengehalten: Es ist eben eines der ganz wenigen Systeme auf dem Markt, die es überhaupt schaffen, aus dem Nickname eines Schleusers (auf dessen Konto neben zigtausenden von Euro vermutlich auch die einen oder anderen tragischen Todesfälle gehen) eine echte, lebende Person zu machen, die man einem Haftrichter vorführen kann! Im Ernst: ich trage im Dienst eine Waffe. Das heißt aber nicht, dass ich jeden Tag Leute erschieße, nur, weil ich es kann. Ebenso wenig würde ich mit der Software von Palantir haufenweise Daten unbescholtener Bürger aus dem Internet zerren und miteinander verknüpfen, um … ja, um was eigentlich? Da kann einen die Paranoia des einen oder der anderen, die zu diesem Thema im Netz zu finden ist, schon einigermaßen verwundern. Aber zurück zum Thema.

Das Bundesverfassungsgericht hat mit dem Urteil vom 16.02.2023 Regeln festgelegt, die der Gesetzgeber und dann auch die Programmentwickler zu beachten haben. Also warum warten? Immerhin hat ja auf europäischer Ebene schon einmal Grundlagenarbeit zu dem Thema stattgefunden: 2011 bis 2014 haben sich 6 EU-Staaten im Projekt CAPER Gedanken zur Massendatenbewältigung gemacht. Das Ganze hat über 7 Millionen Euro gekostet – es muss doch etwas Verwertbares dabei herausgekommen sein! Und es kann mir keiner erzählen, dass SAP oder eine andere europäische Softwareschmiede nicht in der Lage wäre, in dem durch das BVerfG festgelegten Rahmen etwas Gescheites auf die elektronischen Beine zu stellen!

Es ist dringend an der Zeit, an der Lösung zu arbeiten, denn so lange alle nur Wehklagen, verdienen sich die Schleuser an ihrer menschlichen Ware dumm und dämlich!

 

Volker Hesse

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