16. Februar 2012

Einsatz der BPol am Horn von Afrika derzeit nicht darstellbar

Der Vorsitzende der DPolG Bundespolizeigewerkschaft Ernst G. Walter weist die im Behörden Spiegel dargestellte Forderung des GdP-Vorsitzenden Bernhard Witthaut nach einem Einsatz der Bundespolizei zur Bekämpfung der Piraterie am Horn von Afrika zurück. (16.02.2012)

"Beim Einsatz gegen Piraten am Horn von Afrika kann dem Prinzip der ergänzenden Wahrnehmung von Sicherheitsaufgaben zwischen privaten Sicherheitsdienstleistern und Polizeibehörden sicherlich sinnvoller gefolgt werden, als beim täglichen hoheitlichen Einsatz privater Sicherheitsdienste bei der Fluggast- und Gepäckkontrolle an den Deutschen Verkehrsflughäfen" stellt Walter fest.

Auch wenn seitens der DPolG Bundespolizeigewerkschaft nicht angezweifelt wird, dass der Schutz deutscher Schiffe grundsätzlich eine hoheitliche Aufgabe ist, so kommt bei der Diskussion zu kurz, dass auch Reedern erhebliche Eigensicherungspflichten auferlegt sind und der Einsatz privater Sicherheitsdienstleister unter bestimmten Voraussetzungen rechtlich durchaus zulässig ist. Darüber hinaus ist die Bundespolizei nach Auffassung des Gewerkschaftschefs derzeit weder kurz- noch mittelfristig personell in der Lage, eine solche zusätzliche Einsatzaufgabe auf hoher See dauerhaft in dem erforderlichen Umfang wahrzunehmen.

Zur Widerlegung der Darstellung, nach der die Zahl einer Begleitung schutzwürdiger Schiffe unter deutscher Flagge zwischen fünf und zehn pro Monat liegt, verweist Walter auf die wirklichen Zahlen. So passierten im Jahr 2011 insgesamt weit mehr als 1.000 Schiffe unter deutscher Flagge das Horn von Afrika. Dies entspricht gegenüber dem Jahr 2010 einer Steigerung von 80 Prozent. Betrachtet man zusätzlich die unter bareboat - Charter fahrenden Fahrzeuge der deutschen Handelsflotte, muss man die Zahl der Passagen mit dem Faktor sechs multiplizieren. Ausgehend von dieser Annahme ergäben sich für 2011 für die deutsche Handelsflotte hypothetisch etwa 8.000 Passagen im Hochrisikogebiet am Horn von Afrika.

Die Auffassung der GdP, "die Bundespolizei könne den Schutzbedarf kurzfristig, sagen wir nach einem Vorlauf von wenigen Wochen, erfüllen", geht nach Auffassung der DPolG völlig an der Realität vorbei. "Einen solchen Schutzbedarf kann die Bundespolizei mit der aktuellen Personalausstattung in dem erforderlichen Umfang in diesem Aufgabenfeld definitiv nicht dauerhaft darstellen", so Walter.

Die geforderte Aufgabenwahrnehmung ausschließlich durch die Bundespolizei würde einen großen Teil der Bundespolizei im Ausland binden, die im Inland ihren Aufgaben dann nur noch eingeschränkt nachgehen könnte. Ein Begleitteam könnte selbst bei optimaler organisatorischer Rahmenbedingung (Rückflüge, Zwischenaufenthalte und erforderliche Ruhezeiten) maximal nur zwei Schiffe pro Monat begleiten.

Die Begleitteams müssten wegen des Einsatzes im 2-Schicht-System außerdem eine Personalstärke von mind. 10-12 PVB haben, um Piratenangriffen effektiv begegnen zu können. Der GdP-Vorsitzende behaupte im Artikel des Behörden Spiegel, dass "nur Polizei berechtigt sei, Waffen zu führen – auch Kriegswaffen" und die privaten Sicherheitsunternehmen nach geltendem Recht hierzu nicht befugt seien. Diese Behauptung sei nur die halbe Wahrheit, denn sofern private Sicherheitsdienstleister erlaubnisfähige zivile Waffen wie Handfeuerwaffen mitführen wollen, fordert das Waffengesetz neben der Einhaltung der gewerbe- und waffenbesitzrechtlichen Regeln, dass der Bewachungsgewerbetreibende ein Bedürfnis zum Erwerb, Besitz und Führen von Schusswaffen und Munition hat. Dieses Bedürfnis wird anerkannt, wenn glaubhaft gemacht wird, dass die Bewachungstätigkeiten zu Gunsten gefährdeter Personen i.S.d. § 19 WaffG oder eines gefährdeten Objekts den Einsatz von Schusswaffen erfordern.

Ferner wird von Witthaut ausgeführt, dass "Private" sich nur auf "Jedermann-Rechte" berufen können, die Polizei dagegen über die komplette Klaviatur des Polizeirechts bzw. der Strafprozessordnung verfüge. Das ist richtig, aber diese "Jedermann-Rechte" reichen in der Regel auch aus.

Auch hier hilft ein Blick in die Wirklichkeit, denn 2011 gab es bei Schiffen mit deutschem Bezug bei ca. 8.000 Passagen nur in weniger als 0,3 Prozent der Fälle Situationen, in denen die komplette "Klaviatur des Polizeirechts" notwendig gewesen wäre. Klar ist auch, dass die Polizei für den Fall "danach" zuständig ist. Bei echten Piraterielagen mit deutschem Bezug ist die Bundespolizei aber ohnehin mit ihren extrem flexiblen Spezialkräften sehr kurzfristig vor Ort, um die durch private Sicherheitsdienstleister festgenommenen Personen zu übernehmen und die Strafverfolgung sicherzustellen.
Entgegen dem Petitum des GdP-Vorsitzenden richtet der Vorsitzende der DPolG Bundespolizeigewerkschaft seinen Blick auf den multiplikatorischen Ansatz, indem die Bundespolizei als behördliche und fachlich kompetente Organisation Standards für die private Sicherheitsindustrie setzen, die Qualifikation des Personals fachlich begleiten und schließlich zertifizieren könnte.

Für die große Anzahl der Schiffspassagen könnte sich die private Sicherheitsindustrie personell flexibler und bedarfsgerecht aufstellen.


Quelle: Behördenspiegel Nr. 384, Februar 2012

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