Amtsangemessene Alimentation
Kaum Verbesserungen in der Besoldungsstruktur zu erkennen
Der vorliegende Referentenentwurf des Gesetzes wirft zahlreiche Fragen auf. Heiko Teggatz: „Dieser Referentenentwurf liegt inhaltlich weit hinter unseren Vorstellungen. Abschmelzbeträge haben nichts mit einer amtsangemessenen Besoldung gemein und gehören ersatzlos gestrichen. Auch unsere jungen Kolleginnen und Kollegen in den Hochpreisregionen bleiben mal wieder auf der Strecke!“
Im vorgelegten Referentenentwurf ist zu begrüßen, dass die „Abschaffung“ des Familienzuschlages der Stufe 1 für Verheiratete zurückgenommen wurde. Dies hatte beim letzten Entwurf zu großer Irritation und Unverständnis bei uns geführt. Um das Abstandsgebot zwischen Bürgergeld und Besoldung weiter zu gewährleisten sieht der aktuelle Gesetzesentwurf vor, dass die Besoldungsgruppe A3 in Gänze abgeschafft wird. Die Einstellung erfolgt zukünftig im einfachen Dienst in die Besoldungsgruppe A4. Die Einstellung in die Besoldungsgruppen A4 und A5 soll in die Stufe 5, die Einstellung in die Besoldungsgruppen A6 oder A7 erfolgt in die Stufe 3. Bei Einstellung in ein Beförderungsamt wird das Grundgehalt der niedrigsten Stufe festgesetzt, welches sich aus § 27 Abs. 2 Satz 2 BbesG ergebende Grundgehalt übersteigt.
Grundsätzlich ist die Anhebung des Grundgehaltes zu begrüßen, jedoch verfehlt die Art und Weise aus unserer Sicht die Erfordernisse des Abstandsgebotes komplett. Die Gehaltstabelle wird durch diese Herangehensweise zusammengestaucht und es kommt zu geringeren Abständen zwischen den Beförderungsämtern. Das Bürgergeld wurde angehoben, so muss auch das Abstandsgebot durchgehend in der Besoldungsordnung umgesetzt werden. Erfolgt die Einstellung nun in die A4 mit Stufe 5 bedeutet dies aktuell ein Grundgehalt von 3001,08 Euro. Konsequenterweise sind die Stufen 1 bis 4 auch in der A5 obsolet, da erst die Stufe 5 (A5 St. 5 = 3061,57 Euro) über der Besoldung A4 Stufe 5 liegt. Die Einstellung in die A6 Stufe 3 bedeutet aktuell 3029,92 Euro dies liegt unterhalb der A5 St. 5, so sollte und muss die Einstellung in die A6 mindestens Stufe 4 erfolgen. Die Einstellung in die A7 erfolgt nun ebenfalls in die Stufe 3 mit 3164,65 Euro, eine Einstellung in das Beförderungsamt A8 mit Stufe 1 kann es somit auch nicht mehr geben. Bei dieser Aufstellung ist zu erkennen, dass die Abstände in weitere Beförderungsämter immer geringer wird. Bei den Stufen der Besoldungstabelle handelt es sich gemäß § 27 BBesG um Erfahrungsstufen, die im Laufe des beruflichen Lebens gewonnene Erfahrungen in die Besoldung mit einfließen lassen. Beamte der Besoldungsstufe A 9 oder höher benötigen in der Regel 23 Jahre um in die letzte Stufe 8 der Besoldungstabelle aufzusteigen. Zukünftig benötigen Berufseinsteiger in den unteren Besoldungsgruppen nur noch 9 Jahre um die Stufe 8 der Besoldungstabelle zu erreichen.
Dies sorgt für ein erhebliches Ungleichgewicht innerhalb der Besoldungsstruktur des Bundes. Aus unserer Sicht müssen die Einstellungen weiterhin in die Stufe 1 in allen Besoldungsgruppen erfolgen, bedeutet aber auch, dass die komplette Besoldungstabelle prozentual angepasst werden muss, um dem Lohnabstandsgebot gerecht zu werden. Die Attraktivität des öffentlichen Dienstes darf in Zeiten wachsenden Personalmangels nicht - durch die wie im Gesetzentwurf geplanten Anpassungen - verschlechtert werden. Beim systeminternen Besoldungsvergleich ist neben der Veränderung der Abstände zu anderen Besoldungsgruppen in den Blick zu nehmen, ob in der untersten Besoldungsgruppe der gebotene Mindestabstand zum Grundsicherungsniveau eingehalten ist.
Ein Verstoß gegen dieses Mindestabstandsgebot betrifft insofern das gesamte Besoldungsgefüge, als sich der vom Gesetzgeber selbst gesetzte Ausgangspunkt für die Besoldungsstaffelung als fehlerhaft erweist. Die indizielle Bedeutung für die verfassungswidrige Ausgestaltung der zur Prüfung gestellten Besoldungsgruppe ist dabei umso größer, je näher diese an der Grenze zur Mindestbesoldung liegt und je deutlicher der Verstoß ausfällt. Wird bei der zur Prüfung gestellten Besoldungsgruppe der Mindestabstand zur Grundsicherung für Arbeitsuchende nicht eingehalten, liegt allein hierin eine Verletzung des Alimentationsprinzips. Hinsichtlich der Verfassungsmäßigkeit der Alimentation einer höheren Besoldungsgruppe, bei der das Mindestabstandsgebot selbst gewahrt ist, lässt sich eine solche Schlussfolgerung nicht ohne Weiteres ziehen.
Das für das Verhältnis zwischen den Besoldungsgruppen geltende Abstandsgebot zwingt den Gesetzgeber dazu, bei der Ausgestaltung der Besoldung ein Gesamtkonzept zu verfolgen, dass die Besoldungsgruppen und Besoldungsordnungen zueinander in Verhältnis setzt und abhängig voneinander aufbaut. Erweist sich die Grundlage dieses Gesamtkonzepts als verfassungswidrig, weil für die untersten Besoldungsgruppen die Anforderungen des Mindestabstandsgebots missachtet wurden, wird der Ausgangspunkt für die darauf aufbauende Stufung in Frage gestellt. Die Verletzung des Mindestabstandsgebots bei einer niedrigeren Besoldungsgruppe ist daher ein Indiz für die unzureichende Ausgestaltung der höheren Besoldungsgruppe, das mit dem ihm nach den Umständen des Falles zukommenden Gewicht in die Gesamtabwägung einzustellen ist.
Vergleichstabelle Einstieg in den mittleren und gehobenen Polizeivollzugsdienst
Durch die Vielgestaltigkeit der Erwerbsbiographien und im Hinblick auf die angehobenen Einstellungshöchstaltersgrenzen ist von vornherein nicht auszuschließen, dass ein verheirateter Beamter mit zwei Kindern in der ersten Erfahrungsstufe eingeordnet ist. Aus der Tabelle kann man entnehmen, dass hier (mD => gD) nur noch ein Abstand von weniger als 4% zu erkennen ist. Der Besoldungsabstand zwischen den beiden Eingangsämtern beträgt aktuell über 11%. Der Einstieg in den gehobenen Polizeivollzugsdienst gegenüber dem Einstieg in den mittleren Polizeivollzugsdienst erfährt nicht mehr die notwendige monetäre Anerkennung. Ähnliche Fallkonstellationen führen zu ähnlichen Ergebnissen. Insbesondere in der Bundespolizei ist diese eklatante Verschlechterung im Besoldungsgefüge ein nicht zu vernachlässigender negativer Motivationsfaktor. Es muss dringend nachgebessert werden.
Auf in der Beispielrechnung angesprochene Besoldungsfaktoren möchte ich nachfolgend noch einmal eingehen. Der alimentative Ergänzungszuschlag verfehlt sein Ziel nach unserer Auffassung vollends. Ein Großteil der Erstverwendungen im mittleren Polizeivollzugsdienst finden in Hochpreisregionen wie München, Frankfurt, Berlin und Stuttgart statt. Bei dem Personenkreis handelt es sich in überwiegenden Fällen um junge, ledige Kolleginnen und Kollegen im Eingangsamt A7. Nach dem vorliegenden Referentenentwurf wäre gerade dieser Personenkreis von einem finanziellen Ausgleich bezüglich des alimentativen Ergänzungszuschlages vollkommen ausgeblendet. Dies trifft im aktuellen Gesetzesentwurf nun auch auf verheiratete Kolleginnen und Kollegen zu. Es muss sichergestellt sein, dass die Mindestbesoldung unabhängig vom Wohnort des Beamten ausreicht, um eine angemessene Wohnung bezahlen zu können. Beamte sind auch ohne ausdrückliche Anordnung einer Residenzpflicht verpflichtet, ihre Wohnung so zu nehmen, dass die ordnungsgemäße Wahrnehmung ihrer Dienstgeschäfte nicht beeinträchtigt wird. Dies gilt für Familien mit Kindern als auch für ledige und verheiratete Beamte ohne Kinder. Des Weiteren ist aus der Tabelle der Anlage VII (Alimentativer Ergänzungszuschlag) zu entnehmen, dass insbesondere bei Familien mit 1 und 2 Kindern hohe Streichungen im Gegensatz zu vorhergehenden Entwürfen stattgefunden haben.
Beispiel:
Ergänzungszuschlag der Stufe IV mit zwei Kindern
Entwurf 2021 => 240 Euro
Entwurf 2023 => 400 Euro
Entwurf 2024 => 12 Euro
Rechnet man nun den Abschmelzbetrag dazu, dann kommt selbst in Regionen der Mietstufe IV kein Polizeibeamter, der Verheiratet ist und 1 oder 2 Kinder hat, in den Genuss eines positiven Bescheides. Deswegen ist das Modell der Abschmelzbeträge ebenfalls nicht nachvollziehbar. Auf der einen Seite folgt der Gesetzgeber dem Urteil des BVerfG (Abstandsgebot bei der Beamtenbesoldung) und auf der anderen Seite wird das Abstandsgebot durch das Modell eines Abschmelzbetrages und die Anhebung der Einstufung in den unteren Besoldungsstufen „ad absurdum“ geführt. Die Anpassung der Bezüge auf diese Art und Weise schwächt die Attraktivität des Bundes als Dienstherr und Arbeitgeber weiter. Alles in allem bleibt der DPolG Bundespolizeigewerkschaft nichts anderes übrig, als die Regelungen des vorgelegten Referentenentwurf vehement abzulehnen, da sie in keinster Weise auch nur annähernd irgendwelche positiven Anpassungen i. S. d. Urteils des Bundesverfassungsgerichtes (BVerfG) für den überwiegenden Teil der Kolleginnen und Kollegen in der Bundespolizei erkennen lassen.
Eine Höhersetzung der Eingangsstufen in den jeweiligen Besoldungsgruppen wahrt zwar das gebotene Abstandsgebot zum Bürgergeld, bedeutet jedoch eine massive Einwirkung auf das Besoldungsgefüge der Laufbahnen. Aus unserer Sicht muss eine durchgehende Besoldungsanpassung statt der Eingangsstufenanhebung stattfinden.Im Hinblick auf die vorhandenen Herausforderungen insbesondere zum Schutz unserer Grenzen und der Verschärfung der Sicherheitslage in unserem Land muss die Bundespolizei auch mit einer guten Besoldung gestärkt werden. Wir benötigen neben einer hoffentlich bald besseren Ausstattung, besserer und effektiverer Gesetzgebung, auch das Personal. Personal gewinnt man u. a. mit guter Bezahlung. Mit einer vernünftigen Anpassung bezüglich der Umsetzung des Gerichtsurteils des BVerfG kann man dafür einen guten Schritt nach vorne gehen, wenn man es denn will. Die Bundesregierung kann nun beweisen, ob sie für eine Stärkung der Inneren Sicherheit tatsächlich neue Wege gehen möchte – eine tatsächliche amtsangemessene Alimentation der Bundesbeamten der Bundespolizei.
Ganz vergessen haben wir selbstverständlich nicht, dass es ein gleiches Problem bei den Tarifbeschäftigten der Bundespolizei gibt. Insbesondere in Ballungsräumen wird es zunehmend schwieriger Tarifbeschäftigte zu gewinnen. Hier bedarf es alsbald eine Lösung der Bundesregierung, um auch diesen Bereich zu stärken. Wenn uns Tarifbeschäftigte und Verwaltungsbeamte fehlen, dann müssen unsere Polizistinnen und Polizisten einspringen und fehlen uns “auf der Straße”. Die Tarifverhandlungen im Bund für das Jahr 2025 stehen vor der Tür. Liebe Verhandlungsführer des Bundes zeigt uns nächstes Jahr, dass Ihr die Bundespolizei bei ihren Aufgaben unterstützen wollt. Wir brauchen mehr Personal in allen Bereichen und dies gewinnt man nur, wenn auch die Bezahlung passt. Wir stehen dem Gesetzgeber gern mit Rat und Tat und der notwendigen Unterstützung in der Angelegenheit amtsangemessene Alimentation zur Verfügung. Unsere Stellungnahme zum Gesetzgebungsverfahren nach § 118 Bundesbeamtengesetz (BBG) haben wir bereits auf den Weg gebracht und stehen ebenso für weitere Gespräche im Rahmen der Verbändebeteiligung (§ 118 BBG) zur Verfügung.
Übrigens: Rückwirkende Zahlungen wird es nur in sehr begrenzter Zahl geben, da sich nicht viele in der Tabelle des Gesetzesentwurfes für die künftige Besoldung wiederfinden und damit auch keine rückwirkende Zahlungen erhalten werden.