09. November 2019

Strafbarkeit des Einschleusens von Minderjährigen

DPolG Bundespolizeigewerkschaft: Ein Blick hinter die Kulissen offenbart Rechtslücken

Im Dezember 2018 kam es zu einer Gesetzesänderung/Qualifizierung des Straftatbestandes des Einschleusens von Ausländern. Konkret ging es um den Straftatbestand des Einschleusens von Minderjährigen ohne Begleitung von Personenvorsorgeberechtigten. Aufgrund dieser Qualifizierung braucht es für die Begehung einer solchen Straftat nicht mehr das Tatbestandsmerkmal von „mehreren Personen“. Darüber hinaus führte die Gesetzesänderung zu einem höheren Strafmaß.

Trotz der Vorteile weist diese Qualifizierung der Straftat eine Rechtslücke auf. Voraussetzung der Straftat ist und bleibt die unerlaubte Einreise.

Mit dem Beschluss des BGH Az. StR1-212/2018 vom 24. Oktober 2018 würdigte der BGH die mögliche vorsätzliche Begehung der unerlaubten Einreise von Minderjährigen in das Bundesgebiet und stellte folgendes fest:
(Quelle Urteilsbegründung)

„b) Das jugendliche - und erst recht ein geringeres - Alter und die Unreife des Haupttäters können gegen eine Vorsatztat sprechen (vgl. BGH, Urteile vom 13. Januar 2005 - 4 StR 469/04 juris Rn. 22 und vom 3. Februar 2005 - 4 StR 492/04, ZJJ 2005, 205; Brunner/Dölling, JGG, 13. Aufl., § 3 Rn. 19; Eisenberg, JGG, 20. Aufl., § 3 Rn. 31). Auch die Wertungen von § 3 JGG, § 19 StGB sprechen dafür, den Tatvorsatz von Jugendlichen und erst recht von Kindern kritisch zu prüfen. Die pauschale Beweiswürdigung des Landgerichts, die allein auf der Kenntnis erwachsener Zeugen von fehlenden Pässen und Genehmigungen für die Einreise nach Deutschland und auf den inakzeptablen Transportbedingungen gründet, genügt daher für die minderjährigen Geschleusten den rechtlichen Anforderungen nicht. Bei Jugendlichen (§ 1 Abs. 2 JGG) liegt es zwar keineswegs fern, dass der subjektive Tatbestand der unerlaubten Einreise zu bejahen ist (vgl. auch BayObLG, Beschluss vom 31. März 2003 - 4 St RR 18/2003, NStZ-RR 2003, 275, 276). Der Tatrichter muss aber zumindest - was hier nicht geschehen ist - begründen, weshalb auch das jugendliche Alter der ihm obliegenden Überzeugungsbildung nicht entgegensteht.
Weitergehende Anforderungen an die Beweiswürdigung sind bei den geschleusten Kindern zu stellen. Dass etwa sieben- oder achtjährige syrische und irakische Kinder, wie sie sich nach den Feststellungen des Landgerichts in den Fällen 1, 2 und 4 bis 6 der Urteilsgründe in den Transportfahrzeugen befanden, den Tatbestand der unerlaubten Einreise nach § 95 Abs. 1 Nr. 3 AufenthG vorsätzlich verwirklichen, bedarf näherer und individueller Begründung. Denn aufgrund ihres divergierenden Entwicklungsstands ist zweifelhaft, ob den Kindern schon das Passieren der Staatsgrenze der Bundesrepublik Deutschland, jedenfalls aber der Umstand einer Schleusung bewusst war. Die vom Landgericht gezogenen Schlussfolgerungen gehen daher für den subjektiven Tatbestand der von ihm als Haupttäter angesehenen Kinder nicht über eine reine Vermutung hinaus.
Mit den Feststellungen des BGH wird der Gedanke der Strafverschärfung des § 96 AufenthG ad absurdum geführt.
Ein Kind unter sieben Jahren, welches grundsätzlich als handlungsunfähig gilt, kann nicht unerlaubt einreisen, somit wird ein „Schleuser“, welcher ausschließlich Kinder unter sieben Jahren einschleust, nach der jetzigen Rechtsprechung und Darstellung des Paragrafen § 96 AufenthG für diesen Bereich straffrei bleiben.

Selbst bei Einschleusungen von Minderjährigen im Alter von 7 bis 14 Jahren wird die Verfolgung dieser Straftat erschwert, da der Vorsatz der unerlaubten Einreise bei der Altersgruppe vorerst festgestellt werden muss.

Die 1. stellv. Bundesvorsitzende, Anja Ducklauß-Nitschke, führte am Rande der Sportlerehrung in der Bundespolizeisportschule Kienbaum zu dieser Thematik bereits ein erstes Gespräch mit dem parlamentarischen Staatssekretär im BMI, Stephan Mayer(CSU) und leitete ihm sämtliche Problematiken zu dieser Thematik zu.

Wir sind eine Polizeigewerkschaft, so Anja Ducklauß-Nitschke und diese muss auch derartige Themen in die Politik bringen, um unsere Kollegen und Kolleginnen bei ihrem täglichen Dienst zu unterstützen, denn das Einschleusen von Minderjährigen darf nicht straffrei bleiben.

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