28. September 2023

Unendliche Geschichte - Distanzelektroimpulsgeräte 

Bereits seit dem 9. November 2020 erprobt die Bundespolizei sogenannte Distanzelektroimpulsgeräte (DEIG), vom Typ Taser X2. Mittlerweile ist der Taser 10 der Firma Axon in der Erprobung. Dafür wurden die Bundespolizeiinspektionen Berlin-Ostbahnhof, Frankfurt am Main und Kaiserslautern mit entsprechenden Geräten ausgestattet. Für die Erprobung war zunächst ein Jahr vorgesehen. Aus diesem Jahr sind nun schon fast drei Jahre geworden. Die Ergebnisse sind jedoch gleichgeblieben. Die Geräte sind eine gute und sinnvolle Ergänzung im täglichen Dienst.

Nach Abschluss dieser Anwendererprobung sollte entschieden werden, inwieweit das DEIG in der Bundespolizei eingeführt werden soll. Die Bundespolizei hat eine Entscheidung getroffen. Die Bundespolizei möchte schnellstmöglich die Einführung des DEIG.

Zur Erprobung hat das Bundesministerium des Innern und für Heimat eine Verwaltungsvorschrift erlassen, die das DEIG – für die Zeit der Anwendererprobung – als Hilfsmittel der körperlichen Gewalt im Sinne des Gesetzes über den unmittelbaren Zwang bei Ausübung öffentlicher Gewalt durch Vollzugsbeamte des Bundes (UZwG) einstuft und die Rahmenbedingungen zum Einsatz des DEIG festlegt. Zwischenzeitlich wurde diese Verwaltungsvorschrift erweitert, um weitere neue Geräte wie den TASER 10 erproben zu können.

Die Einsatzkräfte der Bundespolizei werden immer wieder mit Situationen konfrontiert, in denen die vorhandenen Hilfsmittel der körperlichen Gewalt, Waffen oder Schusswaffen zur sicheren und angemessenen Lagebewältigung nicht geeignet oder zulässig sind. Einige Polizeien der Länder setzen die DEIG bereits erfolgreich ein.

Der Einsatz des DEIG eröffnet eine weitere Einsatzmöglichkeit vor der Ultima Ratio, dem Einsatz der Schusswaffe. Das erhöhte Gewaltpotenzial beim polizeilichen Gegenüber bringt unsere Kolleginnen und Kollegen immer wieder in Situationen, in denen ein Einsatz des DEIG diese Situation deeskalieren kann.

Ein solches Einsatzmittel dient dem Schutz der eigenen Kräfte als auch dem polizeilichen Gegenüber, denn ein Schusswaffengebrauch ist definitiv die allerletzte Möglichkeit, um eine Einsatzlage zu bereinigen.

Die Erprobung solcher (neuen) Einsatzmittel gewinnt für die Bundespolizei immer mehr an Bedeutung. Ein solches Zwangsmittel schließt die Lücke zwischen der einfachen körperlichen Gewalt und dem dienstlich zugelassenen Schusswaffeneinsatz.

Kritiker verweisen auf mögliche Gefahren, die von diesem Einsatzmittel für die Gesundheit der Betroffenen ausgehen könnte. Wenn ich jedoch aufgrund der Gefahrenlage diese Gefahr aus der Distanz händeln muss, dann ist der Einsatz einer Schusswaffe auf jeden Fall mit größeren Gefahren für das polizeiliche Gegenüber verbunden. 9-mm-Munition macht bei der Anwendung aus einer Schusswaffe bekanntlich Löcher und führt zu erheblichen Verletzungen und unter Umständen sogar zum Tod. Das Risiko einer lebensbedrohlichen Verletzung ist mit dem DEIG wesentlich geringer, geht sogar gegen Null.

Führungs- und Einsatzmittel, wie Reizstoffsprühgerät, Teleskopschlagstock und Schusswaffe sind in der Begriffsbestimmung des UZwG als Waffen eingestuft und obliegen somit hohen Anwendungsvoraussetzungen. Hinzu kommt, dass bei Einsatzlagen, insbesondere bei der Abwehr von Gefahren für Leib und Leben, das Reizstoffsprühgerät nicht zweckdienlich ist und die Schusswaffe als „Ultima Ratio“ nicht zur vollumfänglich zielführenden Sachverhaltsbereinigung tauglich erscheint. 

In den Bundespolizeiinspektionen Berlin-Ostbahnhof, Kaiserlautern und Frankfurt am Main wird das DEIG seit gut drei Jahren erprobt. Die Kolleginnen und Kollegen in diesen Dienststellen verweisen auf die deeskalierende Wirkung. Denn bereits die Androhung oder das Ziehen des DEIG schreckt potenzielle Gewalttäter meistens ab. 

Die Kooperationsbereitschaft des polizeilichen Gegenübers steigt bereits bei der Androhung des Einsatzes., Die bisherigen Ergebnisse der Erprobung sind durchgehend positiv. Die Akzeptanz bei den Einsatzkräften der Bundespolizei ist hoch und die Anzahl der tatschlichen Auslösungen des DEIG liegt aufgrund der präventiven Wirkung auf einem niedrigen Niveau.

Das DEIG ist bei der Bundespolizei für die Dauer der Erprobung als Hilfsmittel der körperlichen Gewalt gemäß § 2 Abs. 3 des Gesetzes über den unmittelbaren Zwang bei Ausübung öffentlicher Gewalt durch Vollzugsbeamtinnen und -beamte des Bundes (UZwG) eingestuft. Das DEIG erweitert damit die zur Auswahl stehenden Zwangsmittel in einer verhältnismäßigen Einsatzbewältigung. Wie jedes Zwangsmittel muss das DEIG grundsätzlich angedroht und der Einsatz dokumentiert werden.

 

Ein paar technische Daten zum aktuellen Gerät, dem TASER 10

Auf der Grundlage von Forschung sowie in intensiven Gesprächen mit den Anwendern hat die Firma Axon den TASER 10 entwickelt.

Der TASER 10 hat eine Reichweite von 13,72 Metern und eine Kapazität von zehn Pfeilelektroden mit individueller Auslösung. Durch die Any-Probe-Connect-Technologie kann ein Stromkreis zwischen jedem Paar Pfeilelektroden geschlossen werden. Damit bietet das Gerät eine deutlich höhere Präzision und Wirksamkeit. Gleichzeitig wird die Wahrscheinlichkeit einer möglichen Gewalteskalation in vielfältigen Einsatzlagen gesenkt.

 

FUNKTIONEN UND VORTEILE

·       BIS ZU 13,72 METER REICHWEITE

Mit einer fast doppelt so hohen Reichweite gegenüber früheren TASER-Modellen verschafft der TASER 10 Einsatzkräften mehr Zeit und Distanz, mehr Einsatzlagen sicher zu deeskalieren.

·       ZEHN EINZELNE PFEILELEKTRODEN

Zehn einzeln verschießbare Kartuschen mit jeweils einer Pfeilelektrode bieten Einsatzkräften bis zu neun wirksame Treffermöglichkeiten zur Auslösung einer neuromuskulären Immobilisierung (NMI).

·       ZEHN PFEILELEKTRODEN MIT INDIVIDUELLER AUSLÖSUNG

Die intuitive Auslösung einzelner Pfeilelektroden ermöglicht höchste Zielgenauigkeit und Präzision – unabhängig von der Zielentfernung. Die Distanz der Pfeilelektroden zueinander im Zielbereich kann dabei im Nah- und Fernbereich angepasst werden.

·       ANY-PROBE-CONNECT

Durch die intelligente Any-Probe-Connect-Technologie kann ein Stromkreis zwischen jedem der Pfeile geschlossen werden. Für einen größtmöglichen Wirkungsbereich können bis zu vier Verbindungen zwischen den Pfeilelektroden gleichzeitig vom Gerät aktiviert werden. Dabei werden die Verbindungen mit optimierter Spreizung vom Gerät priorisiert.

·       VR-INTEGRATION

Durch die Integration in Axon Virtual-Reality Training können Nutzerinnen und Nutzer ihre Fertigkeiten und Präzision im Umgang mit dem Gerät trainieren. Insbesondere werden dabei sichere Einsatzentscheidungen geschult, um auch in Stresssituationen sicher handeln zu können.

·       AKUSTISCHE UND OPTISCHE WARNSIGNALE

Eine deutlich sichtbare 1000-Lumen-Lampe mit Blinkeffekt sowie ein intensives akustisches Signal dienen als Warnung und bieten so durch die reine Androhung eine erste wirksame Deeskalationsmöglichkeit.

·       MEHRERE MAGAZINE

Verschiedene Magazin- und Kartuschentypen ermöglichen differenzierte Trainingsmöglichkeiten. Auch kann so in zwischen Trainings- und Einsatzgeräten unterschieden werden.

·       GERÄTEMANAGEMENT

Der Mobilgeräteanwendungsmanager ermöglicht eine schnelle Zuweisung der Geräte samt Zubehör und vereinfacht die Gerätekoordination in der Einsatzpraxis.

·       DOCK-&-WALK-FUNKTION

Automatische Firmware-Updates und der automatische Upload von Geräteprotokollen sparen Zeit und stellen sicher, dass die Geräte immer auf dem neuesten Stand sind. Die Docks sind kompatibel mit Taser 7 und Taser 10.

·       WIEDERAUFLADBARE AKKUS

Der Akku hält über die gesamte Lebensdauer eines Geräts und ist dabei kompatibel mit dem Akku und dem Dock des TASER 7.

·       SICHTBARER LASER AUCH BEI TAGESLICHT

Der gut sichtbare grüne LASER-Zielpunkt erhöht die Zielgenauigkeit bei Tageslicht.

·       OPTIMIERTES DATENMANAGEMENT

Durch die vollständige Integration in Axon Evidence können neue Impulsdiagramme, Geräteprotokolle und Beweismittel-PDFs verwaltet werden.

·       ERWEITERTE MÖGLICHKEITEN ZUR NACHVERFOLGUNG

Es wird erkannt, wenn der TASER 10 aus dem Holster gezogen bzw. eingesetzt wird, welche Pfeile dabei einenStromkreis schließen und wie groß die geschätzte Schussweite ist.

 

Es ist nun an der Zeit die Erprobung zu beenden und dieses hocheffektive Einsatzmittel endlich flächendeckend einzuführen. Eine Forderung, die die DPolG Bundespolizeigewerkschaft nun bereits seit Jahren immer wieder im politischen Raum anspricht. Die Notwendigkeit unserer Forderung wurde von politischer Seite durch die Erprobung bei der Bundespolizei eindeutig unterstrichen.

Die Politik - die Ampel - muss die Weichen stellen, um das Einsatzmittel flächendeckend einführen zu können. Haushaltsmittel müssen zu Verfügung gestellt, die Beschaffung ausgelöst werden. Unsere Kolleginnen und Kollegen an jeder Dienststelle benötigen dieses Einsatzmittel dringend, damit sie nach Dienst auch wieder unbeschadet zu ihren Familien zurückkehren können.

Die Ampel ist nicht nur in der Pflicht Haushaltsmittel zur Verfügung zu stellen, sondern ein notwendiger Gesetzesentwurf ist ebenso wichtig, um das DEIG sinnvoll einsetzen zu können. Wie bereits zuvor beschrieben (analog der o. a. Verwaltungsvorschrift zur Erprobung des TASERs) sollte und muss das DEIG als „Hilfsmittel der körperlichen Gewalt“ ins UZwG aufgenommen werden. Auch diese Forderung haben wir als DPolG Bundespolizeigewerkschaft schon mehrmals in der Politik angesprochen und werden dies auch weiter tun.

Die Gesundheit unserer Kolleginnen und Kollegen sollte den verantwortlichen Politikern ein wichtiges Anliegen sein und oberste Priorität erfahren.

Die DPolG Bundespolizeigewerkschaft ist sich selbstverständlich über die angespannte Lage des Bundeshaushaltes sehr bewusst. Aus diesem Grund schlagen wir einen Kompromiss für die ersten Beschaffungsmaßnahmen vor. Eine Priorisierung bezüglich Schwerpunktdienststellen ist für die Anfangsphase der Beschaffung zielführend. Für eine erste Beschaffungsmaßnahme schlagen wir die Beschaffung für zehn Dienststellen nach einer Prioritätenliste vor. Die weitere Beschaffung sollte dann allerdings sukzessive erfolgen und nicht lange auf sich warten lassen.

Blickt man auf die polizeiliche Eingangsstatistik der Bundespolizei mit Bezug auf Bahnhöfe und Zügen aus dem ersten Halbjahr 2023, so stellt man mit Erschrecken fest, dass in diesem Zeitraum bereits 12.416 Gewaltdelikte, 865 Sexualdelikte, 574 Waffendelikte und 27.529 Eigentumsdelikte dokumentiert wurden. Genau aus diesem Grund muss genau dort, das DEIG prioritär zum Einsatz kommen.

 

WIR FORDERN

 

-       Haushaltsmittel für das Distanzelektroimpulsgerät

-       Beschaffung auslösen

-       Anpassung des UZwG (DEIG als „Hilfsmittel der körperlichen Gewalt“)

 

=>  schnellstmögliche Einführung des Distanzelektroimpulsgerätes

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